Veranstaltung: | Kreismitgliederversammlung 12. September 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 2.3.1. 4 quotierte Plätze |
Antragsteller*in: | Katrin Lögering (KV Dortmund) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 11.09.2024, 13:41 |
A18: Katrin Lögering
Selbstvorstellung
Liebe Freund*innen,
"Wir müssen uns selbst hinterfragen", "Das Problem ist, dass die Ampel an Zustimmung verloren hat", "Die Politik der Ampel ist Schuld" -Sätze, die wir in diesen Tagen häufig hören, wenn es darum geht, warum Menschen in Thüringen und Sachsen die AFD wählen. Ich habe das Gefühl, dass in diesen Sätzen eine Art Verständnis für ~30% AFD mitschwingt und dass das politische Angebot demokratischer Parteien Schuld daran ist, dass in Thüringen und Sachsen über 30% der Menschen angeblich eine klar faschistische Partei wählen, um den etablierten Parteien eins auszuwischen.
Aber ist es wirklich Rache? Junge Menschen, die mit Champus und Prosecco in der Hand auf Sylt "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" in die Handycamera grölen, eine rechte Demo im Leipziger Hauptbahnhof, die wegen des Verdachts auf Volksverhetzung erst in einem Polizeikessel festgehalten und dann aufgelöst werden musste, weil Gefahr für die Teilnehmenden des gleichzeitig stattfindenden CSD bestand - Es geht so weit, dass die Zahl der behördlich erfassten rechtsextrem motivierten Straftaten 2024 um ca. 23 Prozent gegenüber 2023 anstieg und mit 28.945 Straftaten ein Rekordhoch seit Beginn der Erfassung erreicht.
In der Debatte, warum Menschen die AFD wählen, fehlt ein Punkt. Extrem rechtes Gedankengut ist zunehmend ein Teil der sogenannten Mitte der Gesellschaft geworden. Rechte bis sehr Rechte Positionen stärken die AFD. Sie ist die Partei, die für Positionen Rechtsaußen die Definitionsmacht hat.
Bei der Europawahl haben bundesweit 15,9% der Menschen die AFD gewählt. Das war bisher bundesweit ihr bestes Ergebnis. Trotz Skandalen, trotz Spoinagevorwürfen, trotz Bystron und Krah, trotz Deportationsplänen.
53% der Wahlberechtigten sagen, sie machen sich Sorgen, dass zu viele Ausländer kämen - das sind 19% mehr als vor 5 Jahren.
Und die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen verstärken die traurige Gewissheit: Je mehr das Thema Migration gesellschaftlich diskutiert wird, desto mehr Zustimmung erfährt die AFD. 46% der Wahlberechtigten bei der Europawahl gaben an, dass sie es gut finden, dass der Zuzug von der AFD begrenzt werden würde. 3/4 der Wahlberechtigten bei der Europawahl haben Angst vor zunehmender Kriminalität - Kriminalstatistiken zeigen jedoch, dass sich viel nicht verändert hat.
Dass die AFD im Landesverband Thüringen als gesichert rechtsextrem eingestuft wird ist 82% der Anhänger*innen egal - sie leugnen es nicht einmal mehr. Auch menschenverachtende Thesen sind diesen Menschen egal.
Dieses gesellschaftliche Klima macht sich auf der Suche nach Lösungen in immer extremeren Maßnahmen in der Sicherheitspolitik und in der Migrationspolitik, gar in der Asylpolitik Luft.
Und da setzt die Unzufriedenheit mit uns GRÜNEN an:
Wer sind wir in diesen Tagen, in denen wir diesen vermeintlichen Lösungen immer weiter hinterherlaufen, in denen wir nicht einmal mehr Widersprechen, weil der Streit, der Disput, als etwas so Schlechtes angesehen wird, dass wir ihn um jeden Preis verhindern wollen?
Wenn wir mit unseren Lösungen auf Probleme nicht mehr durchdringen, weil die Verschörungstheorien und Fake Facts schon längst jegliche Debatte unmöglich gemacht haben, wenn wir uns daran gewöhnen uns mit einfachen Lösungen auf komplexe Fragen zufriedenzugeben dann ist das das eine.
Wenn wir dadurch aber anfangen falsche Politik zu machen, Menschenrechte nicht mehr universell zu betrachten, das Recht auf Asyl auszuhöhlen, verlieren wir uns!
Ich gehe sogar so weit: Unsere Zustimmung schwindet nicht, weil wir nicht schnell genug die Lösungen der Merz-CDU übernehmen. Unsere Zustimmung schwindet, weil die Menschen unsere konkrete Politik ablehnen. Nicht die Politik, die wir machen würden, wenn wir eine absolute Mehrheit hätten, sondern das, was mitmachen, weil wir uns entweder nicht durchsetzen können oder nicht durchsetzen wollen (und ich weiß nicht, was schlimmer ist) und weil wir den immer schärferen Forderungen von Scheinlösungen der Merz-CDU Stück für Stück weiter nachgeben.
Unsere Zustimmung schwindet, weil wir keinen Gegenakzent in dieser gesellschaftlichen Debatte setzen! Niemand tut das derzeit.
Liebe Freund*innen,
Progressive Politik muss organisiert werden: Es müssen die eigenen Erwartungen und die Erwartungen der Wähler*innen erfüllt werden. Andere gesellschaftliche Gruppen müssen dabei bedacht werden. Gleichzeitig müssen wir auch Zumutung organisieren- der Vorwurf, etwas sei nicht links genug, nicht grün genug, nicht progressiv genug ereilt uns oft - Dass wir den Ansprüchen nicht genügen, wird uns immer wieder begegnen, da diejenigen, die uns zustimmen, ungeduldig sind.
Ich bin kein Mensch der Mitte. Ich bin provokant. Ich finde Politik muss von links gechallenged und aus der Mitte gezogen werden - Unser Job ist die Challenge.
Denn in diesen Zeiten ist eines für mich klar: Wir dürfen unser eigenes Wertefundament nicht verlassen.
Dass wir uns in diesen Zeiten nicht verlieren, klar für universelle Menschenrechte eintreten, dem Rechtsruck eine offene, freie, nach vorn gerichtete Gesellschaft entgegensetzen - dafür möchte ich den Kreisverband Dortmund auf der nächsten LDK vertreten und ich würde mich freuen wenn ihr mich dabei unterstützt.
Herzliche Grüße,
eure Katrin
FOTO: The one and only Felix Berger <3
- Alter:
- 34
- Geschlecht:
- Weiblich
- Geburtsort:
- Nordhorn